Insulinoma

Insulin-Sekretion  

Physiologische Konzentrationsbereiche der Insulin-Sekretion

Das physiologische Verhalten der Insulin-Sekretion (Suppression) und damit der Insulin-Konzentrationen im Serum verhindert im Rahmen der komplexen Regulationsmechanismen der Glucose-Homoöstase zuverlässig das Auftreten einer sog. Nüchtern- oder Spontanhypoglykämie,
d.h. das Absinken der Blutzucker-Konzentration unter die für eine "normale" Gehirntätigkeit erforderliche kritische Grenze von ca. 50 mg/dl ( = 2.8 mmol/l ).

Diese Minimal-Blutzuckerkonzentration ist bei einem stündlichen Glucoseverbrauch des Gehirns von etwa 6 Gramm zur Deckung des Energieverbrauchs des auf Glucose hauptsächlich angewiesenen Gehirns erforderlich.
Da zwischen den Mahlzeiten in Abhängigkeit von Zusammensetzung und Menge der mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate zwischen 30 und 60 Minuten postprandial eine zeitlich hochvariable, rasche und kurzfristige Stimulation der Insulinkonzentration bis in den Bereich von 50 - 100 µU/ml (300 - 600 pmol/l) stattfindet, zählt Insulin zu den wenigen Hormonen, dessen physiologischer Konzentrationsbereich mehrmals täglich um den Faktor 20-30 schwankt.
Parallel dazu verändert sich der Blutzucker in einem Bereich von 60 mg/dl bis maximal etwa 180 mg/dl (3.3 - 10 mmol/l) in enger Abhängigkeit von der ebenfalls hochvariablen individuellen Insulinempfindlichkeit (Insulinsensitivität).

 

Normale Suppression der Insulin-Sekretion

Eine adaequate Suppression der Insulin-Sekretion während protrahierten Fastens bedeutet ein Absinken der Insulin-Konzentration im Serum unter 5 µU/ml ( < 30 pmol/l ) bei dann normalen Blutzucker-Werten knapp unter oder knapp über 50 mg/dl ( = 2.8 mmol/l ).

Aufgrund der heute standard-mässigen spezifischen Insulin-Assays, die nicht mit Proinsulin und C-Peptid kreuzreagieren, ist im Rahmen der Diagnostik von sehr niedrigen Insulin-Konzentrationen bei adaequater Suppression auszugehen ( = < 3 µU/ml / <18 pmol/l bzw. sogar vollständig supprimiert bei 0 mU/l bei einem Blutzucker von tatsächlichen < 40 mg/dl mit Glucose-Analyzer, nicht BZ-Messgerät).

Bei adaequater Suppression der Insulin-Sekretion liegt die Proinsulin-Konzentration im Bereich der Nachweisgrenze von einigen wenigen pmol/l : < 5 pmol/l

Eine adaequat supprimierte C-Peptid-Konzentration liegt parallel bei < 0.6 ng/ml (entsprechend < 0.2 nmol/l bzw. < 200 pmol/l )

Beträgt der Blutzucker bei gesichertem Fasten (positiver Acetonnachweis im Urin) > 50 mg/dl ( 55-70 mg/dl ) kann auch die Insulinkonzentration trotz z.B. 72h-Fastens klar über 5 µU/ml ( 6-10 µU/ml / 36-60 pmol/l) betragen.

Liegt der Blutzucker in einem Bereich von 40-45 mg/dl ( 2.2- 2.5 mmol/l ), muss die Insulin-Konzentration eindeutig < 3 µU/ml betragen ( < 18 pmol/l ), bei einem Blutzucker < 40 mg/dl jedoch supprimiert, d.h. 0 mU/l.

 Aufgrund der zunehmenden Häufigkeit der Diagnose und Differentialdiagnose des Insulinoms : NIPHS, muss heute eine messbare Insulinkonzentration ( = > 0 mU/l) simultan bei einer Hypoglykämie von < 40 mg/dl bereits als potentiell pathologisch interpretiert werden.

 

Pathologische Suppression der Insulin-Sekretion beim Insulinom

Bei Patienten mit Insulinom ist die physiologische Regelung der Hemmung der Insulinsekretion bei nach den Mahlzeiten fallendem Blutzucker z.T. oder weitgehend aufgehoben.

Insulinom-Diagnostik ohne parallele Insulin-, Proinsulin- und C-Peptid-Bestimmungen ist heute (2009) als obsolet anzusehen. Beide Assays werden zur gegenseitigen Qualitätskontrolle im unteren Meßbereich der Assays benötigt.

In der späten postprandialen Phase führt inadaequate Suppression der Insulinsekretion zur Hypoglykämie, die sich beim Insulinom regelmäßig in reproduzierbar erniedrigten BZ-Werten < 40 mg/dl ( < 2.2 mmol/l ) manifestieren muss !!

Nur in 2-3% tritt die Hypoglykämie erst nach mehr als 48 Std. auf.
Ein 72h-Hungertest wird nur zum 100% sicheren Ausschluss eines Insulinoms benötigt.

Bei Blutzucker-Konzentrationen von < 40 mg/dl ( < 2.2 mmol/l ) sind messbare Insulin-Konzentrationen heute (2009) > 0 µU/ml als pathologisch einzustufen, ebenso Proinsulin-Konzentrationen > 5 pmol/l.

Das Non-Insulinoma pankreatogene Hypoglykämie-Syndrom (NIPHS) auf dem Boden einer Inselzell-Hyperplasie/Hypertrophie ("Nesidioblastose" des Erwachsenen) muß differentialdiagnostisch bei "niedrigen" Insulin-Konzentrationen beachtet werden und erfordert zusätzliche diagnostische Maßnahmen.

Normwerte für den Verlauf der Insulinkonzentrationen im kombinierten OGTT/Hungertest existieren beim Insulinom nicht. Häufig jedoch lassen sich vom Experten der Insulinom-Diagnostik bereits aus dem Blutzuckerverlauf Rückschlüsse auf die zu erwartenden Insulinwerte ziehen, da es unterschiedliche Insulin-Sekretionstypen beim Insulinom gibt: vgl. Saddig et al. World J Surg 2008, Lit.liste

1.: autonom und unabhängig von jedem BZ,
2. inadaequate Suppression nach vorheriger Stimulation (z.B. OGTT)
3. späte sog. Insulin-Bursts.


Eine vermeintliche Insulin-Überreaktion durch Glucosegabe im Sinne einer vermehrten Stimulierbarkeit gibt es beim Insulinom nicht.
Diese verbreitete Sorge führt häufig beim diagnostisch Ungeübten zum Verzicht auf eine initiale Glucosegabe, sodaß sog. Hungerteste beim über Nacht fastenden Patienten, der bereits 10-12 Std. ohne erfolgte Abnahme von diagnostischen Werten gehungert hat, zu vorzeitigem Abbruch des Testes mit dann nur wenigen vorliegenden und schwer interpretierbaren Werten führt.

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